In Rheinland-Pfalz absolvieren überdurchschnittlich viele junge Menschen eine Hochschulausbildung. Dies ist ein zentrales Ergebnis der heute von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder herausgegeben internationalen Bildungsindikatoren im Ländervergleich, die in Ergänzung zu der gestern von der OECD veröffentlichten Studie „Bildung auf einen Blick“ ausgearbeitet wurde.
Dass sich Rheinland-Pfalz in der akademischen Ausbildung stark engagiert, spiegelt sich nach Aussage des Präsidenten des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz, Jörg Berres, beispielsweise in der Studienanfängerquote wider, die den Anteil der Studienanfänger im ersten Hochschulsemester an der altersspezifischen Bevölkerung misst. Diese liegt mit 38 Prozent knapp zwei Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Hessen (43 Prozent) und Baden-Württemberg (39 Prozent) nehmen hier gemeinsam mit Rheinland-Pfalz unter den Flächenländern die ersten Plätze ein. Die Ausbildungsleistung der hiesigen Hochschulen zeigt sich auch bei den Absolventenzahlen. Mehr als ein Fünftel der jungen Erwachsenen schließen hierzulande erfolgreich eine akademische Ausbildung ab. Im innerstaatlichen Vergleich nimmt Rheinland-Pfalz mit einer Absolventenquote von 20,4 Prozent die Spitzenposition unter allen Flächenländern ein, gefolgt von Hessen (20,2 Prozent) und Baden-Württemberg (20 Prozent). Ein Vergleich mit dem OECD-Durchschnitt von 36,4 Prozent ist nur bedingt zulässig, da in anderen OECD-Staaten Ausbildungsgänge im Hochschulbereich angesiedelt sind, die in Deutschland im dualen System bzw. an Fachschulen angeboten werden.
Im Rahmen der zwischen Bund und Ländern im Hochschulpakt 2020 getroffenen Vereinbarungen sollen in den kommenden Jahren auch in Rheinland-Pfalz die Studienplatzkapazitäten einschließlich der erforderlichen Personalkapazitäten noch einmal deutlich ausgeweitet werden.
Bislang weisen die Hochschulen im Land eine eher ungünstige Betreuungsrelation auf. Auf einen Wissenschaftler kommen knapp 16 Studierende, das sind annähernd doppelt so viele wie im Saarland, das im Bundesländervergleich die beste Betreuungsrelation aufweist. Bundesweit liegt die Relation bei zwölf Studierenden je Wissenschaftler. Bei der Interpretation dieser Maßzahl muss allerdings beachtet werden, dass es sich um eine rein rechnerische Durchschnittsgröße handelt, die nur bedingt Aussagen über die Lehr- und Lernsituation an den Hochschulen zulässt. Der Wert wird maßgeblich durch die Fächerstruktur bestimmt. In Rheinland-Pfalz liegen die Ausbildungsschwerpunkte im Bereich der Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Geistes- und Erziehungswissenschaften. Diese Fachrichtungen weisen traditionell eine andere Betreuungsrelation auf als naturwissenschaftlich-technische Studiengänge.
Die Aussagen der Indikatorensammlung beschränken sich nicht auf den Hochschulbereich. Die Broschüre beleuchtet vielmehr das gesamte Bildungssystem, ausgehend von der vorschulischen Förderung bis hin zum „lebenslangen Lernen“.
Aus der rund 130 Seiten umfassenden Veröffentlichung können für Rheinland-Pfalz für das Jahr 2005 bzw. 2004 beispielsweise folgende Ergebnisse herausgelesen werden:
Rheinland-Pfalz hat ein gut ausgebautes System der vorschulischen Betreuung. Dies zeigt die Bildungsbeteiligung der Drei- und Vierjährigen. Rund 92 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe besuchen eine öffentliche oder private Bildungseinrichtung. Das ist der höchste Anteil im gesamten Bundesgebiet. Im Bundesdurchschnitt liegt der Anteil bei 78,8 Prozent (OECD 68,5 Prozent).
Im Primarbereich der Schulen (Klassenstufen 1 bis 4) werden 21,9 Schülerinnen und Schüler je Klasse unterrichtet. Die durchschnittliche Klassengröße liegt damit im Bundesdurchschnitt (22). Auf eine Lehrkraft entfallen in diesem Bereich rund 18,3 Schülerinnen und Schüler. Das zahlenmäßige Schüler-Lehrkräfte-Verhältnis auf Bundesebene liegt bei 18,8 Schülerinnen und Schülern je Lehrkraft.
Auch in der Sekundarstufe I, das heißt in den Klassenstufen 5 bis 10 weiterführender Schulen, liegt die durchschnittliche Klassengröße mit knapp 25 Schülerinnen und Schülern je Klasse im Bundesdurchschnitt. Mit knapp 17 Schülerinnen und Schülern je Lehrkraft ist die Betreuungsrelation an den hiesigen Schulen ungünstiger als im Bundesdurchschnitt (15,5 Schülerinnen und Schüler je Lehrkraft).
Die Lehrkräfte im Primarbereich und im Sekundarbereich I sind in Deutschland zwar deutlich älter als im OECD-Mittel. Rheinland-pfälzische Lehrerkollegien weisen allerdings eine im Bundesvergleich ausgesprochen günstige Altersstruktur auf. So sind hierzulande knapp zehn Prozent der im Primarbereich eingesetzten Lehrerinnen und Lehrer jünger als 30 Jahre. Im Bundesdurchschnitt liegt der Anteil mehr als drei Prozentpunkte niedriger. Im Bereich der Sekundarstufe I liegt der Anteil der unter 30-Jährigen mit acht Prozent sogar mehr als vier Prozentpunkte über dem Bundeswert.
Studienanfänger aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland sind mit 20,8 Jahren vergleichsweise jung. Lediglich aus Thüringen und Sachsen stammende „Abiturienten“ waren mit 20,3 Jahren um sechs Monate jünger. In diesen beiden Ländern wird die Hochschulreife bereits nach einer Regelschulzeit von zwölf Jahren erlangt. Für Deutschland insgesamt ergibt sich ein durchschnittliches Alter von 21 Jahren bei Studienantritt.
Rund 21 Prozent der 25- bis 64-jährigen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer verfügen über einen Fachschul- bzw. Hochschulabschluss (ein Abschluss im sogenannten Tertiärbereich). Dieser Anteil liegt um vier Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt und fünf Prozentpunkte unter dem OECD-Mittel. Den höchsten Anteil der Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren mit einem Bildungsabschluss im Tertiärbereich weisen die Länder Berlin (35 Prozent), Sachsen (33 Prozent) und Brandenburg (32 Prozent) auf, den niedrigsten Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland mit jeweils 20 Prozent. Zwischen Männern und Frauen bestehen diesbezüglich zum Teil deutliche Unterschiede. Diese fallen in den neuen Ländern wesentlich geringer aus als in den Ländern des früheren Bundesgebietes. In Rheinland-Pfalz verfügen 27 Prozent der Männer, aber nur 16 Prozent der Frauen über einen Abschluss im Tertiärbereich (Bundesgebiet: Männer 30 Prozent; Frauen 21 Prozent). Diese Diskrepanz ist vor allem auf die älteren Jahrgänge zurückzuführen. In den jüngeren Alterskategorien gleichen sich die Abschlussquoten zunehmend an.
Rheinland-pfälzische Hochschulen haben eindeutige Ausbildungsschwerpunkte in den Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie in den Geistes- und Erziehungswissenschaften. Im Jahr 2005 erlangten 38 Prozent der Absolventen einen sozial-, rechts- bzw. wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss. Das ist der bundesweit zweithöchste Anteil. In keinem anderen Bundesland wurden anteilmäßig so viele Absolventen in geistes- und erziehungswissenschaftlichen Fächern ausgebildet. Hier liegt Rheinland-Pfalz mit einem Anteil von 29 Prozent an der Spitze. Demgegenüber war der Anteil der Absolventen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen sowie in technischen Studiengängen mit knapp 25 Prozent der zweitniedrigste aller Bundesländer. Dies entspricht dem OECD-Durchschnitt. Deutschland erzielt mit insgesamt 33 Prozent im internationalen Vergleich einen überdurchschnittlich hohen Absolventenanteil in den Natur- und Ingenieurwissenschaften.
Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung für bessere Beschäftigungsaussichten. In Rheinland-Pfalz sind – wie auch im OECD-Durchschnitt – 72 Prozent der 25- bis 64-Jährigen beschäftigt. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als im Bundesdurchschnitt. Im Allgemeinen steigen mit zunehmendem Bildungsstand auch die Beschäftigungsquoten. Im Hinblick auf Hochqualifizierte (Personen mit einem Abschluss im Tertiärbereich) weisen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (jeweils 86 Prozent) im Ländervergleich die höchsten Beschäftigungsquoten auf. Die niedrigsten Werte für diese Gruppe der 25- bis 64-Jährigen ergeben sich für Berlin (78 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (77 Prozent). Bei den Geringqualifizierten, also den Personen, die höchstens über den Sekundarabschluss I und damit beispielsweise nicht über eine Berufsausbildung verfügen, reichen die Beschäftigungsquoten von 37 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 59 Prozent in Baden-Württemberg. Rheinland-Pfalz liegt hier mit einem Wert von 51 Prozent knapp unter dem Bundesdurchschnitt von 52 Prozent, Deutschland wiederum 4 Prozentpunkte unter dem OECD-Durchschnitt. Ein Grund hierfür ist, dass es in Deutschland zu wenige Arbeitsplätze für gering Qualifizierte gibt.
In Deutschland beliefen sich im Jahr 2004 die Gesamtausgaben für Bildungseinrichtungen auf 7.000 Euro je Bildungsteilnehmer. Mit 6.400 Euro entfallen auf die rheinland-pfälzischen Schülerinnen und Schüler sowie Studierenden die im Ländervergleich geringsten Pro-Kopf-Beträge. Die höchsten Ausgaben pro Bildungsteilnehmer wendete mit 8.700 Euro die Hansestadt Hamburg auf. Speziell im Hochschulbereich reichten die Ausgaben von 9.300 Euro je Studierenden in Rheinland-Pfalz bis 14.700 Euro im Saarland. Auch hier darf bei der Interpretation der Zahlen das spezifische Ausbildungsspektrum der rheinland-pfälzischen Hochschulen nicht außer Acht gelassen werden. So können beispielsweise in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, aber auch in den Geistes- und Erziehungswissenschaften, deutlich mehr Studierende von einer wissenschaftlichen Lehrkraft betreut werden als in naturwissenschaftlich-technischen Fächern. Dementsprechend geringer sind die erforderlichen Ausgaben. In Relation zur Wirtschaftskraft gesehen, liegen die rheinland-pfälzischen Bildungsausgaben mit 4,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes leicht über dem Bundesdurchschnitt. Am meisten wendet das Land Thüringen mit 6,1 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes auf.
Die Teilhabe am lebenslangen Lernen ist bei 25- bis 64-jährigen Rheinland-Pfälzern nur unterdurchschnittlich ausgeprägt. Lediglich 6,7 Prozent der Erwachsenen (7,3 Prozent der Männer und 6,2 Prozent der Frauen) nehmen an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teil. Im Bundesdurchschnitt liegt die Teilnahmequote am lebenslangen Lernen bei 7,7 Prozent, im EU-Durchschnitt bei 9,7 Prozent.
In der Veröffentlichung werden diese und zahlreiche weitere Kernindikatoren des OECD-Programms sowie einige EU-Indikatoren tabellarisch sowie grafisch auf Länderebene dargestellt und kommentiert.
Die Veröffentlichung kann als PDF-Datei (1.413 kB) kostenfrei aus dem Internet heruntergeladen werden. Das Printexemplar kostet 18 Euro zuzüglich Versandkosten und kann beim Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz, Vertrieb der Veröffentlichungen, 56128 Bad Ems bestellt werden. Telefon: 02603 71-2450, Telefax: 02603 71194322, E-Mail: vertrieb@statistik.rlp.de
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